Wie stabil ist das CVJM-Haus eigentlich
wirklich. Vor zwei Jahren hat das Gebäude des YMCA einen wahren Härtetest
überstanden. Im Februar 2010 gab es das letzte Erdbeben mit einer Stärke von
8,9 und die Verwüstung war in den Städten, vor allem im Süden des Landes,
verheerend. Die Erde wackelte für knapp fünf Minuten ununterbrochen, das
Telefon- und Stromnetz brach zusammen und es gab etliche Nachbeben. Da macht
man sich schon so seine Gedanke: „Was ist wenn und wie sollte man reagieren
wenn es „mal“ bebt.“ In Deutschland wird einem nur beigebracht, wie man sich
bei Feueralarm oder Überfall verhalten soll, aber bei einem Erdbeben? – Das ist
für mich Neuland.
Diesen Mittwoch wurden wir vier aber aufgeklärt.
Lulu, unsere „chilenische Mama“ hier vor Ort, hat mit uns viele
organisatorische Dinge, aber eben auch das Thema Sicherheit mit uns besprochen.
Was also tun, wenn der Boden unter den Füßen nicht still sein möchte? Nun ja,
zuerst einmal muss man unterscheiden. Es gibt „Temblors“ (kleinere Erdbeben
bis zur Stärke 7,0), die öfters vorkommen und „Terremotos“ (große Erdbeben mit
einer Stärke über 7,0), wobei das Letzte, wie oben beschrieben, erst vor kurzem war. Sobald so ein Erdbeben
anfängt ist das wichtigste Ruhe bewahren und nicht in Panik durch die Straßen
oder das Haus rennen, sondern seinen Kopf schützen und an einem sicheren Ort,
an dem keine Sachen auf einen fallen können „verweilen“. Zudem ist es ratsam
jederzeit eine kleine Tasche mit überlebenswichtigen Sachen in der Nähe zu
haben wenn nach dem Erdbeben die Tsunamiwarnung rauskommt und man auf die Hügel
gehen muss.
So weit so gut. Das klingt alles sehr einfach
und theoretisch. Letzten Endes haben wir die „Rettungstasche“ bis heute noch
nicht, weil man sich denkt: „Brauchen wir eh nicht!“. Doch gestern wurden wir
eines besseren belehrt: Es war ein ganz normaler Tag, wir saßen am Mittagstisch
und genossen die Ruhe. Es gab Tortellini mit Gemüsesoße; eigentlich alles wie
immer – bis ich merkte, dass mein Geschirr das klappern anfing. Nicht nur das,
nein, der ganze Tisch, das ganze Zimmer, das Haus, die ganze Stadt wackelte. In
so einem Moment gehen einem viele Gedanken durch den Kopf, aber ich glaube eines
haben wir richtig gemacht: wir haben die Ruhe (mehr oder weniger) bewahrt und
haben gewartet bis es vorbei war. Es dauerte gute 20 Sekunden und als der Boden
sich wieder beruhigt hatte, hörten wir eine Stimme. Es war Christian, der für
den „Guay“ arbeitet und nachsehen wollte wie es uns geht. Bei uns war alles
okay, aber wir wollten natürlich wissen wie schlimm das „Erdbeben“ nun
eigentlich war. Das konnte uns Christian auch nicht so auf die Schnelle
verraten. Später erfuhren wir von Oskar, dass der „Temblor“ eine Stärke von 5,7
hatte. Für die Chilenen ist diese Intensität anscheinend nichts besonderes
zumal es eigentlich jeden Tag kleine „Erdbeben“
gibt, die wir bloß nicht spüren. Bis zu einer Stärke von 3,0 bemerkt man die
Erschütterung also gar nicht.
Dennoch, für uns war das alles am Donnerstag
ganz schön aufregend. Im ersten Moment war ich etwas schockiert aber auch
gespannt zugleich. Ich weiß ein Erdbeben ist nicht zu unterschätzen und die
Folgen sind schlimm. Trotzdem war es für mich auch etwas „Interessantes“ sowas
mal zu erleben, auch wenn ich hoffe, dass ich es nicht nochmal miterleben muss.
Ich hatte am Donnerstagmittag nicht wirklich Angst, sondern eher ein Ohnmacht-Gefühl.
Man fühlt sich total hilflos und ausgeliefert und merkt wie klein man
eigentlich im Vergleich zur Natur ist. In Deutschland hatte ich dieses Gefühl
ansatzweise wenn es in der Nacht gewittert hat. Gestern war es aber noch um
einiges „intensiver".
Was mich sehr beruhigt ist die Prognose der
Wissenschaftler, dass es in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich kein „Terremoto“
wie im Jahr 2010 in Chile geben wird. Von daher sehe ich es gelassen und falls
die Erde sich doch dazu entscheiden sollte ein wenig zu wackeln, befolge ich
einfach die Regeln.
In diesem Sinne, immer die Ruhe bewahren.
PS: Noch ein kleiner Link mit den offziellen Daten zum Erdbeben: