Montag, 19. November 2012

Zu Hause mit 85 Gästen

Hostel des CVJM, zweite Tür von links ist unser Zimmer     
Häusliche Atmosphäre haben wir bis jetzt nur ab und zu in unserer "Vierer-WG" verspürt. Wir sind schon über zwei Monate im Guay von Valpo und dennoch fühlt es sich nicht so an als wäre man in einem richtigen Haus, da das CVJM-Haus ein öffentlicher Raum ist und wir im Prinzip eigentlich in einem Hostel wohnen. Dementsprechend haben wir fast  immer Beschallung, die einem mittlerweile gar nicht mehr auffällt, und seit neuestem auch immer öfter Besucher aus nah und fern, die meistens für ein paar Tage die Bettenlager als Übernachtungsmöglichkeit nutzen. Das hat Vor- und Nachteile zugleich. Zum einen gibt es dir die Möglichkeit, Kontakte zu jungen Menschen aus ganz Chile (meistens Schulklassen) zu knüpfen und sich gleichzeitig über Land und Leute zu unterhalten. Andererseits hat man das Gefühl, dass jemand in deine Privatsphäre "eindringt" und man nicht mehr so ungestört sein kann wie sonst. Dadurch wird das kurzzeitig aufkommende häusliche Gefühl immer wieder unterbrochen und manchmal ist es weniger ratsam mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen. Das habe ich diese Woche selber "zu spüren bekommen": Eigentlich wollte ich bloß das Geschirr abspülen. Die Sache war nur, dass diese Woche ein Schuljahrgang mit über 85 Schülern im Hostel war und ich einen kleinen Plausch mit zwei Chilenen während des Abspülens angefangen habe. Lange Vorrede, kurzer Sinn - schlussendlich war ich umringt von einer Menschentraube - oder soll ich sagen "Chileninnen-Traube" - aus der ich mich nur unter Beihilfe von Leonie "retten" konnte. Nein, Spaß beiseite. Es war aber tatsächlich sehr interessant zu sehen wie sehr zwei Deutsche in Chile beschlagnahmt werden können. Am Ende mussten Leonie und ich noch als Fotomodell herhalten, weil jeder noch kurz vor dem Verabschieden ein Foto haben wollte. Mit über 1,80 Meter und blondem Haar sticht man einfach aus der Masse. So wurden also aus 15 Minuten abspülen, dann doch eine zweistündige Konversation, die durchaus gut für mein Spanisch war, ich mir das nächste Mal aber einmal mehr überlegen werde, ob ich ins Gespräch komme oder nicht, weil man schnell zum Objekt der Begierde werden kann und dann das Zimmer nicht mehr ohne Begleitschutz verlassen möchte. In diesem Fall hatte ich jedoch Glück; die Schüler reisten am nächsten Tag schon wieder ab.  


So viel also zu dem, dass immer etwas los ist und man nur ab und an eine richtig häusliche Atmosphäre verspürt, zumal die Zimmertüren auch immer abgesperrt werden müssen. Da war der gestrige Tag das komplette Gegenteil und ein wahrer Genuss. Wir waren bei Lulu, unserer "deutschen Mama" in Chile, zum Essen eingeladen. Abgeholt hat uns ihre Schwester Carolina, die wir schon von unserer Arbeit im Colegio her kannten. Die beiden wohnen zusammen mit ihrer Mutter in einem kleinen Reihenhaus, das sehr idyllisch und abgeschieden ist obwohl es mitten in Valpo liegt. Das Haus ist der Hammer! 
Lecker! Pollo mit Kartoffelgratin
Nicht nur die Aussicht, sondern auch die heimliche Stimmung mit dem Wohnzimmer, einer Terrasse und einem kleinen Garten haben mir sehr gut gefallen.Das gibt es im CV einfach nicht und da war es eine schöne Abwechslung für uns vier, das bei einem leckeren Mittagessen und später einem "tomar once" (kleines Abendessen) genießen zu dürfen. Wir hatten tolle Gespräche über Chile, Europa beziehungsweise die Welt an sich und freuen uns schon auf in zwei Wochen. Da sind wir zum Christbaum aufstellen und schmücken eingeladen. Das wird bestimmt toll! Dann kommt vielleicht sogar ein bisschen Weihnachtsstimmung auf. In den Läden werden zwar schon zig Weihnachtsartikel verkauft, doch bei 20 Grad Außentemperatur und Sonnenschein ist es schwer sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass in gut einem Monat der Weihnachtsmann kommen soll. 



Zum Abschluss noch ein Foto zu viert mit Chile und Deutschland-Flagge. Die Aussicht, die wir vom Balkon aus hatten, möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.

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